Positiv präsentieren im Assessment-Center
Viele Unternehmen laden Bewerber:innen zu einem Auswahltag ein, um sie auf
Herz und Nieren zu prüfen. Soft Skills, Teamfähigkeit und Belastbarkeit sind
dabei ebenso entscheidend wie Fachwissen.
Das Assessment-Center (AC) ist ein strukturiertes Verfahren, das häufig zur Auswahl geeigneter Bewerber:innen für eine zu besetzende Stelle eingesetzt wird. Für Bankazubis stellt es eine gute Möglichkeit dar, ihre Fähigkeiten und Eignung für die angestrebte Position nach der Ausbildung unter Beweis zu stellen. Ein typisches AC ist ein- oder mehrtägig. Es beinhaltet verschiedene Übungen und Tests, die darauf abzielen, die sozialen, fachlichen und methodischen Kompetenzen der Bewerber:innen objektiv und standardisiert zu bewerten. Diese Übungen können sowohl individuelle Aufgaben als auch Gruppenaktivitäten sein. Üblicherweise werden daher mehrere Teilnehmende zum AC eingeladen. Sie werden zudem von mehreren Personen beobachtet und ausgewertet. Diese Vielfalt an Perspektiven ermöglicht eine umfassendere Einschätzung der Teilnehmer:innen.
Bereiten Sie sich gründlich vor
Ein typisches AC beginnt mit einer kurzen Einführung, um die Teilnehmer:innen über den Ablauf zu informieren. Anschließend folgt oft ein persönliches Vorstellungsgespräch, bei dem die Bewerber:innen ihre Motivation, bisherige Erfahrungen, Fähigkeiten und Qualifikationen präsentieren können. Das Hinterlassen eines positiven ersten Eindrucks bei den Recruitern ist äußerst wichtig. Sie sollten sich daher sorgfältig auf diesen Teil vorbereiten:
- Setzen Sie sich intensiv mit dem Unternehmen auseinander (z. B. Bilanzsumme, Anzahl Beschäftigte und Filialen).
- Überlegen Sie sich, warum Sie in diesem Unternehmen arbeiten wollen und weshalb Sie für die ausgeschriebene Stelle die beste Wahl sind. Je überzeugter Sie selbst davon sind, desto glaubwürdiger werden Sie sich präsentieren. Vermeiden Sie jedoch Übertreibungen oder ein „Einschleimen“. Recruiter durchschauen das in der Regel.
- Machen Sie sich mit aktuellen wirtschaftlichen und politischen Themen vertraut, die die Branche, das Unternehmen oder die Stelle betreffen.
- Bereiten Sie sich auf typische Fragenformulierungen vor (z. B. „Erzählen Sie etwas über sich selbst.“, „Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“). Verweisen Sie zum Beispiel auf Ihre Fähigkeiten oder Erfolge, die Sie bereits erzielt haben.
- Bewerbungsgespräche als Rollenspiel können helfen, die Nervosität zu reduzieren und flüssiger zu antworten.
- Überlegen Sie sich eigene Fragen, die Sie den Personalbeauftragten stellen wollen. Beginnen Sie dabei nicht mit Fragen nach dem Gehalt oder Goodies, die das Unternehmen bietet. Erkundigen Sie sich zum Beispiel danach, wo das Unternehmen strategisch hin will, wie es fachlich oder organisatorisch strukturiert ist oder inwiefern Zukunftsthemen (KI, Nachhaltigkeit etc.) mitgedacht werden. Sie können auch den Spieß umdrehen und die Recruiter fragen, wo diese Herausforderungen für die ausgeschriebene Position sehen.
- Die Wahl der Kleidung prägt den ersten Eindruck mit. Für die Arbeit in einer Bank eignet sich immer noch am besten ein Business-Outfit, auch wenn der Dresscode heute etwas lockerer ist als noch vor ein paar Jahren.
Übungen und Aufgaben
Im nächsten Schritt können durch Gruppenübungen die Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke und Problemlösungsfähigkeit der Teilnehmenden getestet werden. Diese werden in Gruppen eingeteilt und müssen gemeinsam eine bestimmte Aufgabe oder Fragestellung bearbeiten. Dabei zählen neben der individuellen Leistung und fachlichen Kompetenz konstruktive Zusammenarbeit und die Integration unterschiedlicher Perspektiven.
Machen Sie sich zur Vorbereitung mit gängigen Formen von Gruppenübungen vertraut. Bei Rollenspielen und Diskussionen sind aktives Zuhören, respektvolle Kommunikation und klare Formulierungen wichtig. Zeigen Sie sich konstruktiv, kompromissbereit und offen für verschiedene Sichtweisen. Bringen Sie Ihre Stärken ein und seien Sie sich Ihrer Schwächen bewusst (Selbstreflexion). Oft ist die Zeit absichtlich knapp bemessen, um das Verhalten in Stresssituationen zu beobachten. Formulieren Sie ihre Argumente und Ideen daher kurz und prägnant!
Bei Rollenspielen wird ein Szenario vorgegeben, wie es im Arbeitsalltag vorkommen kann. Die Teilnehmenden übernehmen darin verschiedene Rollen. Beispielsweise schlüpft ein Bewerber in die Rolle eines Bankmitarbeiters, während ein anderer einen Kunden spielt. Der Bankmitarbeiter ist in diesem Fall er selbst und zeigt, wie er tatsächlich in dieser Situation agieren würde. Der „Kunde“ kann dagegen schauspielern oder auch stereotyp handeln. Allerdings darf die Situation nicht spaßig oder künstlich wirken. Im Rollenspiel können Sie neben ihrem Fachwissen auch Problemlösungskompetenz, Empathie, Improvisationsfähigkeit und Kreativität beweisen. Typische Aufgaben sind die Lösung eines Konfliktes oder der Einsatz von Verhandlungstaktiken. Am Ende erfolgt in der Regel ein Feedback-Gespräch.
Bei der Besetzung einer Führungsposition ist im AC Führungskompetenz wichtig. Teilnehmende müssen zeigen, dass sie durch klare Visionen und Zielsetzungen Teammitglieder motivieren und inspirieren können. Bei unterschiedlichen Meinungen, Interessen und Bedürfnissen innerhalb eines Teams wägen sie diese ab und finden idealerweise einen Kompromiss. Andernfalls müssen sie bereit sein, eine Entscheidung zu treffen. Strategisches Denken beweisen Führungskräfte, die langfristige Ziele setzen, geeignete Maßnahmen entwickeln und durchzusetzen können.
Wenn die Teilnehmenden ihre Ergebnisse präsentieren, kommt es auf Fachwissen, Kommunikationsfähigkeit und Überzeugungskraft an. Machen Sie sich mit dem gestellten Thema vertraut und setzen Sie sich mit aktuellen Entwicklungen und Trends auseinander. Dann können Sie die eigene Argumentation besser untermauern. Eine klare Gliederung der Präsentation gibt Ihnen Sicherheit und hilft den Zuhörenden, Ihren Gedankengängen zu folgen. Präsentieren Sie die wichtigsten Punkte in logischer Reihenfolge. Achten Sie auf eine ansprechende Einleitung, um Interesse zu wecken, sowie auf einen prägnanten Schluss, der die zentralen Aussagen zusammenfasst. Visuelle Hilfsmittel können dabei unterstützen, komplexe Sachverhalte anschaulicher zu machen und die Aufmerksamkeit der Anwesenden zu steigern. Überladen Sie PowerPoint-Folien oder den Flipchart aber nicht mit Informationen. Ihre Körpersprache sollte Selbstbewusstsein und Engagement ausstrahlen. Dabei helfen eine offene Haltung, Blickkontakt und Modulation der Stimmlage.
Um die Fähigkeit zur Priorisierung zu testen, gibt es die Postkorbübung. Die Teilnehmer:innen erhalten Unterlagen (z. B. E-Mails, Anfragen oder Dokumente mit unterschiedlicher Relevanz), die sie in einem gegebenen Zeitrahmen bearbeiten müssen. Ziel der Übung ist es, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und die Zeit effektiv zu managen.
Mit Intelligenztests sollen kognitive Fähigkeiten der Teilnehmenden ermittelt werden. Dabei werden häufig verschiedene Arten von Intelligenz unterschieden: logisches und analytisches – teilweise auch kritisches – Denken, verbale und mathematische Fähigkeiten sowie räumliches Vorstellungsvermögen. Typische Aufgaben sind das Lösen von Rätseln, das Erkennen von Mustern oder das Vervollständigen von Zahlen- und Buchstabenfolgen. Diese Art von Test erfordert Schnelligkeit und Präzision, um die vorgegebenen Aufgaben innerhalb des gegebenen Zeitrahmens zu bewältigen.
Nachteile und Kritik
Das Assessment-Center liefert Recruitern wertvolle Informationen, ist jedoch nicht unumstritten:
- Trotz der strukturierten Abläufe können die objektiven Eindrücke der Beurteilenden variieren.
- Das AC stellt eine ungewohnte Umgebung mit fremden Menschen in gewollt stressbehafteten Situationen dar. Das spiegelt nur bedingt wider, wie sich die Beteiligten im Berufsalltag verhalten würden oder welche Ergebnisse sie erreichen können.
- Beim AC geht es um die Auswahl geeigneter Bewerber:innen. Der Konkurrenzdruck ist unter den Beteiligten daher wesentlich höher als in einem Team von Kolleg:innen, die auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Negative Gruppendynamik und Dominanzverhalten können daher auch bei Personen zutage treten, die normalerweise kooperativ und kollegial sind.
- Die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung eines AC kosten Ressourcen, die insbesondere in kleinen Unternehmen nicht zu vernachlässigen sind. Auch die Übernahme von Reise-, Übernachtungs- oder Verpflegungskosten schlägt zu Buche.
Ergänzende Informationen und Materialien
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- Beitrag "Bewerbung: Der erste Eindruck zählt"
- Beitrag "Formen der Kommunikation"
- Beitrag "Körpersprache souverän einsetzen"
- Übersicht "Teamarbeit: Schritt für Schritt Probleme bewältigen"
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